Inselhüpfen nach Java

Inselhüpfen nach Java

Hallo zusammen,

nachdem wir den ereignisreichen Vortag erfolgreich…überlebt hatten, sollte es am nächsten Tag schon weitergehen. Also auf geht’s: Die Klamotten-Explosion in unserem Zimmer hopplahopp wieder in den Backpack gepfercht, ein letzter Ginger-Shot mit Avocadotoast im Beetlenut (liebevoll auch Beetlebums genannt) und einmal in den Pool gehüpft – ready to rumble!

Einer der Vorteile nicht alleine zu reisen ist, dass alles ein bisschen günstiger wird. So haben wir schwerst dekadent auf öffentliche Verkehrsmittel verzichtet und unseren Taxibuddy Ketut gebeten uns vier Stunden lang in den Westen von Bali, zum Hafen Gilimanuk, zu kutschieren. Das war tatsächlich richtig schön, denn während der Fahrt konnten wir vier Stunden lang ganz entspannt den Alltag in Bali beobachten. Von wunderschönen Landschaften mit Reisterrassen, aufwendigen Statuen, Brücken und tollen Häusern zu riesigen Müllwagen, dem krassesten Verkehr und einer Trillionen Roller als Teil davon – war alles dabei. All-time-favourite ist die indonesische Großfamilie, die sich auf einen Roller quetscht und auf Flip-Flops durch die Gegend fährt.

Nachdem Ketut seine anfängliche Sprechlautstärke von Level Nordkurve auf Level Standard-Unterhaltung runtergedreht hatte, bahnte er sich auch recht zügig den Weg in unsere Herzen: Eine unserer Pausen hat er nämlich genutzt um uns eine Handvoll indonesischer Snacks zu kaufen! Alle Spezialitäten auch in 3facher Ausführung, damit wir alle alles probieren können. Aaaaaw, er fährt uns durch die Gegend, erzählt uns Dinge über Land und Leute und gibt uns dazu noch etwas zu Essen – we are in love!

Es gab einmal gedämpfte Bananenmatsche im Bananenblatt, gemischt mit Reismehl – sehr ähnlich zu den nicaraguanischen Nacatamales, nur in süß. Außerdem zwei verschiedene gekochte Bananen, vermutlich die süße und die etwas herzhaftere Kochbananen-Version. Alles ziemlich lecker, wobei mein persönliche Favorit die süße, gekochte Banane war…ich schweife ab.

Und weiter geht die wilde Fahrt. Je weiter wir in Richtung Westen gefahren sind, desto verhüllter wurden die Frauen. Obwohl der Großteil der fast 4 Millionen Einwohner auf Bali hinduistischen Glaubens ist, scheint im Westen der Islam doch auch gut vertreten zu sein. Tatsächlich ist Bali neben Indien, Mauritius und Nepal die einzige Region mit einer hinduistischen Bevölkerungsmehrheit…um genauer zu sein bekennt sich die Mehrheit der Bevölkerung auf Bali zum Dharma-Hinduismus. Ach Dharma…sehr sympathisch. Wenn man sich auf Google ein paar Funfacts über Bali anschaut, fällt besonders auf, dass der balinesische Hinduismus sehr abergläubisch ist. Zum Beispiel dürfen die Füße von Neugeborenen die ersten sechs Monate den Boden nicht berühren, damit der Teufel nicht durch den Fußboden das Baby besetzt. Deshalb werden die kleinen Racker einfach von einem Verwandten zum nächsten gereicht. Bis sie sechs Monate alt sind. Krass. Neben der Vielzahl an verschiedenen Religionen in Indonesien werden dort auch unglaublich viele verschiedene Sprachen gesprochen. Neben der Hauptsprache Bahasa Indonesien gibt es noch 725 weitere Sprachen – das nenn ich mal eine Herausforderung, wenn man bedenkt dass ich drei Wochen gebraucht habe um mir das Wort für Danke zu merken: Terima kasiiiiih!

Angekommen im Hafen von Gilimanuk haben wir von Ketut eine genaue Beschreibung erhalten wie wir zum Ticketschalter kommen und uns überschwänglich für den Transport, die Snacks und die Geschichten bedankt. Auf zur Fähre nach Java!

Java ist nicht nur die bevölkerungsreichste UND dicht-besiedelste Insel Indonesiens, sondern der ganzen Welt. Hier leben mehr als 139 Millionen Menschen auf 126.700km². Außerdem ist die Insel Heimstatt des größten buddhistischen Tempels der Welt, Borobodur, der natürlich auch ganz oben auf unserer Must-Do Liste stand.

Aber eins nach dem anderen, erst mal mussten wir per Fähre übersetzen. Das Wucher-Ticket für ganze 0,40€ zu kaufen war Dank Ketuts Beschreibung auch gar kein Problem, die Klärung der Details jedoch etwas holpriger:

„Wo müssen wir denn auf die Fähre warten?“

„Eine Stunde!“

„Ah ja… und wo müssen wir warten?“

„Java!“

Prost Mahlzeit, da sind die tauben DJs von Einslive ja Kommunikationsexperten gegen. Und das obwohl wir unser Asia-Englisch mittlerweile fast perfektioniert haben. Ist auch gar nicht so schwierig, man lässt nur alle Artikel… ach, was sag ich… alle Wörter außer Subjekt und Verb oder Subjekt und Adjektiv weg – bloß niemals alle drei, geschweige denn NOCH mehr Komponenten in einer Satzstruktur benutzen, das führt zu schweren, akuten Verwirrungen beim Empfänger. Anyway, mit viel Hand-Gewedel in alle Richtungen haben wir es dann letztlich auch bis zur Fähre geschafft. Außer uns drei Weißbroten waren nur Einheimische an Bord, von denen uns einer auf überraschend gutem Englisch erklärte, dass die Fahrt an sich nur 30 Minuten dauert, aber so viele Fähren gleichzeitig übersetzen, dass man danach mit der Fähre noch eine halbe Stunde Schlange stehen muss, bevor man in Java anlegen kann. Ist ja schließlich ne volle Insel. Kein Thema, wir haben ja Zeit.

Bevor die Boots-Action dann losging, haben wir auf einmal Rufe von unten gehört. Ganz weit unten. Zusammen mit ein paar Einheimischen haben wir uns mal zur Reling begeben, um zu sehen was für eine Party wir da verpassen. Da waren dann drei Jungs, die an der Fähre entlang geschwommen sind und lautstark irgendetwas gebrüllt haben. Da sie dabei gelacht und sich gegenseitig gezoppt haben, haben wir schnell festgestellt, dass da gerade niemand absäuft. Die Einheimischen haben dann irgendwann angefangen, Münzen ins Wasser zu werfen, nach denen die Boys getaucht sind. Was ein unüblicher Brauch…wir haben lange überlegt ob wir mitmachen sollen, denn – Hand aufs Herz – darf man als weißer Westeuropäer indonesischen Kindern aus zwei Stockwerken Höhe Geld vor die Füße schmeißen? Kulturelles Fingerspitzengefühl fühlt sich irgendwie anders an. Da aber alle Einheimischen um uns herum mitgemacht haben, wollten wir uns dann irgendwann auch nicht lumpen lassen.

Grob eine Stunde später hatten wir den Fährentrip dann auch geschafft und wurden zwischen einheimischen Fußgängern, Rollern und Transportern mit diversen Hühnerkäfigen von der Fähre gelassen. Designierte Fußgängerwege auf so einer Fähre werden überbewertet, hier geht’s mehr so darum wer am schnellsten ist und sich zwischen allen Vehikeln am geschicktesten in Richtung Ausgang schiebt.

Vor der Abfahrt hatten wir einen Homestay, also eine Unterkunft bei einer Privatperson, bei Benni gebucht, der auf Tripadvisor ein paar raving Reviews ergattert hatte. Da wir immer noch nicht sicher waren was wir eigentlich wie auf Java machen konnten und wollten, waren wir besonders davon angetan, dass Benni vorherigen Gästen wohl bei der weiteren Reiseplanung in Java massiv unter die Arme gegriffen hat. Während wir also so im Backofen von Banyuwangi auf Benni warteten, wurden wir mal wieder Zeugen der indonesischen Grundfröhlichkeit. Wir konnten uns mit Mühen aufrecht halten ohne völlig wegzuschmelzen, denn wir standen praktisch in einer dichten Wand aus warmer Luft und viel zu viel Luftfeuchtigkeit. Die diversen indonesischen Taxifahrer, Polizisten, Tourguides und sonstigen Personen, die so um uns rum standen, waren von dieser klimatischen Katastrophe völlig unbeeindruckt und haben uns in fröhlichstem Asia-Englisch interviewt, wo wir denn herkämen, was wir gerade so lesen und wie uns Indonesien bisher so gefällt. Benni kennt hier auch jeder, da scheinen wir ja eine Stadtberühmtheit erwischt zu haben. Die Taxifahrer waren auch super angenehm, gerade wenn ich das mit den nicaraguanischen Taxifahrern vergleiche – die indonesischen Taxistas haben zwar gefragt, ob wir ein Taxi brauchen, sich aber auch sofort wieder verkrümelt, als wir sagten dass wir auf unseren Pickup warten. In Nicaragua hätte das einem natürlich niemand geglaubt und da hätte man die Taxifahrer wesentlich länger auf dem Schoß sitzen gehabt als hier. Ich bevorzuge auf jeden Fall die indonesische Version!

Benni kam dann auch irgendwann um die Ecke gefahren und wurde herzlichst von unseren umstehenden, neuen Freunden begrüßt. Nachdem wir die Rucksäcke gut verstaut hatten, sind wir schmelzenden Wachszombies gleich in Richtung der klimatisierten Vordersitze geschlurft, nur um dann festzustellen dass dieses Auto eine einzige Flauschbombe war. Na klar, macht ja bei feuchten 30°C im Schatten auch total Sinn sein Auto mit Plüschtieren, flauschigen Schonern für die Gurte und flauschige Kissen für den Nacken auszustatten. Unsere größte Herausforderung war jetzt möglichst unauffällig das gesammelte Plüschequipment zu entfernen, ohne Benni auf den Schlips zu treten. Hat so geht-so-gut funktioniert.

Angekommen in Bennis vier sehr bunten Wänden, haben wir nach dem Bezug der Zimmer die Flipflops von uns geschmissen – gehört sich so – und mit Benni unsere weiteren Schritte auf Java geplant. Wie schon bei Tripadvisor angekündigt war seine Hilfe Gold wert und hat viele Fragezeichen in unseren Köpfen weggewischt. Er hat alles für uns organisiert, denn natürlich hat er wie jeder hier auch einen Cousin, dessen Ehefrau einen Bruder hat, dessen Cousin zweiten Grades eine Reiseagentur und/oder einen Fahrer hat. Der Plan klang simpel: Wir würden am gleichen Abend um Mitternacht von einem Fahrer abgeholt und zum Vulkan Ijen gebracht werden, wo wir im Dunkeln hochstapfen, die blaue Lava und einen wunderschönen Sonnenaufgang beobachten, um danach wieder runter zu stapfen. Dann geht’s zu einem anderen Homestay für eine Übernachtung, sodass wir am nächsten Tag den Sonnenaufgang beim Vulkan Bromo beobachten können. Im Anschluss würde uns der Fahrer dann zum Bahnhof fahren und ein Zugticket nach Yogyakarta kaufen. Und das alles sogar zu einem besseren Preis als in einer der anderen Reiseagenturen, deren Flyer uns nach der Fähre in die Hand gedrückt wurde. Easy Breezy, Covergirl. Zumindest in der Theorie. Aber so ist das ja immer, wenn man Pläne macht.

Die böse Realität sah dann schon etwas anders aus. Tanja und ich haben uns im Homestay ein Zimmer geteilt, Eva wurde ums Eck ins nächste Zimmer quartiert. Neben Tanja hatte ich als Mitbewohner in unserem Zimmer noch diverse 4- bis 8-beinige Gesellen. Die großen Exemplare, wie eine riesige Spinne (die sich in unser Bad verirrt hatte) und eine Riesenheuschrecke (die sich auf meinen Hals verirrt hatte) haben wir noch vorm zu Bett gehen von Benni entfernen lassen. Bah. Bah. Bah. Allerdings war da die Partyeinladung schon raus und unser Zimmer offensichtlich der angesagteste Hotspot für alles was in Banyuwangi so kreucht und fleucht. Ganz hervorragend. Das Problem mit diesem Krabbelgetier ist Folgendes: Nachdem man sich drei mal eine Spinne/Mücke/Käferart von diversen Körperteilen gewischt hat, fängt man irgendwann an dieses unerträgliche Gekrabbel überall zu fühlen – egal ob da gerade tatsächlich etwas ist, oder einem die eigene Vorstellungskraft einen Streich spielt. So habe ich mich dann mehrere Stunden hellwach alle drei Minuten von A nach B gedreht, imaginäre Spinnen von Armen und Beinen gewischt und versucht durch mein hin- und hergerolle dem Getier zu entfliehen. Semi-erfolgreich. Die Temperaturen lagen immer noch bei stickigen etwa 30°C und viel zu viel Luftfeuchtigkeit. Der Ventilator hat leider überhaupt gar nicht geholfen. Währenddessen war Tanja vom Bett auf den Boden umgezogen, wo es etwa einen halben Grad kälter war, und versuchte verzweifelt ihrer sich ankündigenden Migräne Herr zu werden. Im halben Stunden Takt haben wir uns gegenseitig mitleidige Blicke zugeworfen und noch mal auf eine andere Seite gedreht. Läuft bei uns. Bis dann der rettende Einfall kam: Wir hatten doch noch Bier und Cider im Kühlschrank! Voll neu entfachter Hoffnung bin ich aus der Insektengrotte in die Küche geflohen und kam kurz darauf mit zwei eiskalten Flaschen Bier/Cider zurück. Wie ein geliebtes Neugeborenes haben wir uns beide jeweils eine Flasche an die Brust gedrückt und gehofft unsere Kerntemperatur auf eine weniger siedende Temperatur herunterzukühlen. Nach einer unangenehm-befreienden Episode auf der Toilette und dank der neuen Lieblingsflasche hat es Tanja dann auch bald ins süße Land der Träume geschafft. Jackpot. Ich war leider weniger erfolgreich und habe mir dann irgendwann einen nicht-eingebildeten Mitbewohner – darf ich vorstellen, Hubert der Käfer – aus den Haaren gezogen. Ich hatte kurz die Hoffnung, dass es sich dabei nur um ein Stück Blatt oder Holz handeln würde… aber leider hat sich der schwarze Punkt Hubert, den ich mit viel Elan auf den Boden geworfen hatte, nach ein paar Minuten in Richtung Badezimmer bewegt. Schade. Das war dann tatsächlich auch der Punkt an dem ich die Schnauze voll hatte. Wir waren um sechs ins Bett gegangen und mittlerweile waren es halb elf – die letzte Stunde habe ich dann lesend im Wohnzimmer verbracht. Hier sind einem zwar auch am laufenden Band Ameisen übers Bein gekrabbelt, aber die konnte man bei Licht wenigstens sehen und zielsicher ins Nirgendwo schnipsen. Ein paar Tage vorher hatten Tanja und ich noch festgestellt, dass sie überall schlafen kann, aber nicht immer, während ich eigentlich immer schlafen kann, aber nicht überall. Dieses Homestay-Szenario war für uns beide eine echte Herausforderung.

Nach etwa einer halben Stunde kam jemand von Draußen ins Wohnzimmer getrabt und hat mich etwas gefragt. Was genau, hat sich mir leider nicht so genau erschlossen. Auch nicht, in welcher Sprache genau gefragt wurde. Nach diversem Nachfragen konnte ich dann auch erraten, dass es sich dabei nicht um einen verirrten Einbrecher handelte, sondern um Bronto, unseren Fahrer, der sich vorgestellt hat und mich fragte wo ich denn geschlafen hätte. Ahja. Das kann ja heiter werden.

Nachdem die beiden anderen Reisehasen aufgestanden sind, haben wir uns in Begleitung von Bronto ins Flauschmobil von Benni begeben und unseren aufregenden Vulkan-Trip gestartet! Ich hab mich bei den Mädels mit „afk“ verabschiedet und die drei Stunden Fahrt im Schlafkoma verbracht – dank Klimaanlage war unser Auto nämlich erfreulich insektenlos.

Und mit diesem Bild – von Eva, Tanja und mir schlafend im Plüschauto – entlasse ich euch jetzt. Beim nächsten Mal erzähle ich euch von Mount Ijen und Bromo…das wird krass!

Peace Out

Lisbeth

P.S.: Ein Spoiler schon mal vorweg: Bronto und wir wurden noch best Buddies!

Print Friendly, PDF & Email

4 Replies to “Inselhüpfen nach Java”

  1. Liebe Lia, mit großem Interesse verfolge ich Deine spannenden Reiseberichte. Ich bin durch puren Zufall auf Deine Seite gelangt, trotzdem – immer noch – kein Supermensch 😉
    Alles Gute weiterhin! Frau LP

    1. Hallo Frau LP, das ist aber eine schöne Überraschung! Ich habe vor meiner Reise noch mit Jens über unsere Deutsch-LK Tage gesprochen und musste ihm natürlich direkt von Ihrer Nachricht erzählen – schöne Grüße soll ich bestellen 🙂 Alles Liebe von Gili Air nach Köln(?). Lia

  2. Frau LP? Das gibt’s doch nicht! Wir haben Sie beim 10-jährigen Abitreffen vermisst! Das müssen wir nachholen 😉
    LG Jens
    P. S. Lia, wir werden dich morgen vermissen!

Schreibe einen Kommentar zu Jens Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert