Auf nach Indonesien!

Auf nach Indonesien!

Kennt ihr noch die Ching-Chang-Chong Chinese im Karton Sprüche aus unseren politisch sehr inkorrekten Kindertagen?

So ungefähr klangen für mich alle Durchsagen am Hongkonger Flughafen und haben mir mal wieder deutlich vor Augen geführt, wie wenig Gefühl ich für asiatische Sprachen habe. Der Eindruck sollte sich dann später noch festigen, da es mir völlig unmöglich zu sein scheint indonesische Ortsnamen bzw. Wörter im Kopf zu behalten. Für jemanden der immer viel Spaß an Sprachen hatte, etwas frustrierend. Aber hey, was nicht ist kann, ja noch werden.

Der Aufenthalt am Hongkonger Flughafen war auch nur drei Stunden lang, so dass ich dann Mittags bei 29°C und 99% Luftfeuchtigkeit am Flughafen von Denpasar (Bali) angekommen bin. Ich hatte nach zehn Zentimetern Schnee im Sauerland schon fast wieder vergessen wie das ist, wenn man im Stehen schwitzt. Vorbei an den 3000 Taxifahrern mit Namensschildern habe ich es mir bei einem Saft in einem Flughafencafe gemütlich gemacht und auf Eva gewartet, die nur ein paar Stunden später eintreffen sollte. Denn für diejenigen, die es nicht wissen: Dieser Teil des Trips ist die lang erwartete und heiß ersehnte Wiedervereinigung der flauschigen Reisehasen von 2011. Tanja, Eva und ich wieder gemeinsam auf Tour – das kann nur großartig werden. Und super eingespielt. Meistens etwas verpeilt, eventuell auch mal latent abenteuerlich / lebensbedrohlich, aber auf jeden Fall immer mit ganz viel Humor…und Essen. Ich konnte es gar nicht erwarten!

Gemeinsam sind wir nach Evas Ankunft mit unserem Lieblingsfahrer-to-be Ketut ins Airbnb gefahren, wo Tanja schon auf uns gewartet hat. Der Plan war erst mal in Ruhe anzukommen, uns kreischend um den Hals zu fallen und dann ein paar Tage im Pool zu verbringen, um die nächsten Schritte unserer Reise zu planen. Das hat auch alles ganz gut funktioniert – bis auf das Planen. Das haben wir natürlich erst einen halben Tag vor der Weiterreise gemacht.

Das Airbnb war ein Traum. Mitten in dem aufstrebenden Hipster-Viertel Canggu haben wir in der Villa Quincy gewohnt, die mit zwei Himmelbetten, Klimaanlage und Pool im Garten den perfekten Start unserer Reise eingeläutet hat.

  

Während wir den ersten Tag nur mit Essen, Quatschen und im-Pool-rumhängen verbracht haben, wollten wir uns am zweiten Tag ein bisschen in Bali umsehen. Und obwohl meine entfernt an ein primäres, weibliches Geschlechtsteil erinnernde Narbe vom letzten Motorradausflug noch nicht verheilt war, haben wir uns schon wieder auf die Roller geschwungen! Indonesien ist noch etwas verwirrend für uns – und wir haben noch keinen guten Durchblick, wie man hier round and about kommt – aber der Roller scheint doch in den meisten Fällen das Transportmittel der Wahl zu sein.

Einer der Roller, die man bei der Villa dazu mieten konnte, war nicht sehr vertrauenserweckend – wir hätten ihm aber eine Chance gegeben…die inneren Werte zählen, und so. Da aber der dazugehörige Helm kaputt war und uns auch kurzfristig kein Ersatz gestellt werden konnte, haben wir uns kurzerhand einen anderen Roller dazu gemietet. In Bali mietet man einen Roller, um einen Helm zu bekommen. Seht ihr Muttis, wir sind super vernünftige Erwachsene, die keine unnötigen Risiken eingehen. Haha.

Nachdem die Rollersituation geklärt war, haben wir uns für ein unglaublich leckeres Frühstück in unser Lieblingscafe verzogen – das Betelnut, das auf Bali offensichtlich eine Institution ist und nur etwa 50m von unserem Airbnb entfernt war. Sehr praktisch. Und wer schon im Hipsterviertel wohnt, der muss auch Avocado-Toast zum Frühstück essen, und Insta-Food-Porn-Fotos von seinem Essen machen, ist ja klar. Da hat uns das Betelnut einfach zu gut in die Karten gespielt!

Zurück im Pool haben wir dann, Dank Reiseführer und Google Maps, festgestellt dass 2cm auf der Karte ungefähr eine Stunde Rollerfahrt sind, weshalb wir unseren ursprünglichen Plan dann noch mal über den Haufen geworfen haben und unsere 4 Ziele für den Tag auf 3 gekürzt haben: Ein grünes Etwas in der Mitte der südlichen Halbinsel, das auf Google Bilder hübsch aussah und uns von einer Dating-App-Bekanntschaft empfohlen wurde (da soll noch mal einer sagen dass diese Apps nichts bringen!), ein Tempel an einer Klippe und ein hübscher Strand.

Dann mal los! Eva und ich auf einem Roller, Tanja alleine – dafür fährt sie mit einem Stöpsel im Ohr und navigiert uns durch das undurchsichtige Gewirr Indonesischer Straßen. Während wir uns eigentlich einig waren, dass eine Stimme im Ohr, die einem sagt was man tun soll, im Zweifel zu ignorieren ist, haben wir uns in diesem Fall voll und ganz auf Tante Google verlassen. Und das war auch bitter nötig, denn die Straßen auf Bali sind KRIEG!

Fairerweise war der Anfang der Rollerfahrt eigentlich ganz okay. Es gab zwar viel Verkehr…also SUPER viel Verkehr, aber die Straßen waren für die erste halbe Stunde recht überschaubar. Nachdem wir also Level 1 souverän gemeistert hatten, hat uns Bali direkt mal ins 99. Level katapultiert: Dreispurige Straßen und Kreisverkehre, die der durchschnittliche balinesische Verkehrsteilnehmer natürlich eher als 4-spurige Straße verwendet. Man muss dazu erwähnen, dass der gemeine Balinese auch ein sehr effizienter Straßenverkersteilnehmer ist. Einmal war ein ganzer halber Meter zwischen uns und dem Nachbarroller – das geht zum Beispiel gar nicht. Da hat sich dann ganz fix der Roller hinter uns reingedrückt, wie sich das gehört. Permanent von 8-12 Rollern und fünf Autos umgeben, die im Sekundentakt die Fahrspur wechseln, haben wir uns also durch Kuta in Richtung Süden vorgearbeitet. An dieser Stelle muss ich trotz der chaotischen und leicht überfordernden Fahrweise der Balinesen mal eine Lanze für sie brechen: Den gruseligen Weißbroten gegenüber, die aussehen als wüssten sie nicht was sie tun, fahren die Balinesen verhältnismäßig rücksichtsvoll und bleiben auch mal stehen oder lassen einen vor. Dankeeeee!

Aller Widrigkeiten und dem ortsüblichen Straßenverkehr zum Trotz haben wir unseren ersten Stopp gut gefunden. Zwar von oben bis unten nass geschwitzt, weil nach wie vor 99% Luftfeuchtigkeit herrschen, aber hey – so gehört sich das eben für einen echten Backpacker. Schwitzig und in Schlabberklamotten.

Nachdem wir die Roller abgestellt hatten und einen Berg hochgestapft sind, haben wir schnell festgestellt, dass unser Stopp, also dieses grüne Etwas in der Mitte der Halbinsel, das balinesische Kulturzentrum ist. Somit sind wir also aus versehen über eins der Highlights gestolpert, wie wir das eigentlich in unserer gemeinsamen Reisevergangenheit immer so gemacht haben. Läuft bei uns.

Wir waren sogar rechtzeitig vor Ort, um uns eine balinesische Ballettperformance anzuschauen, die angeblich eines der Highlights auf der Insel sind. Und eine halbe Stunde später konnten wir dann auch gemeinsam konstatieren: Die Kostüme waren grandios, der Tanz war zwar wenig ballettartig aber trotzdem sehr cool, und mit viel gutem Willen konnte man auch die musikalische

Begleitung über sich ergehen lassen, ohne dass es dem Erlebnis einen Abbruch getan hat. Wobei sich der instrumentale Teil ungefähr so angehört hat als würde man drei 5-jährige mit riesen-Xylophonen ausstatten und einfach mal drauf los hämmern lassen. Egal, ging bis dahin alles einigermaßen. Aber beim begleitenden Gesang hörte es dann doch wirklich auf. Ein Mann im weißen Kittel hat die vorgetanzte Geschichte noch mal auf indonesisch erzählt/gesungen bzw. vielmehr gekreischt, sodass unsere in-ear-Kopfhörer- und Diskothek-geschädigten Trommelfelle ad hoc in ein künstliches Koma gefallen sind. Kennt ihr das, wenn irgendwas so laut ist, dass man automatisch die Augen zusammen kneift? Genau so.

Nächster Programmpunkt: Durchs Parkgelände des Kulturzentrums laufen und hübsche Statuen angucken  – check.

Danach ging es einen halben Zentimeter auf der Karte = eine halbe Stunde auf dem Roller zum Tempel an den Klippen. Executive Summary: Sehr viele Klippen, die mich kurioserweise an Irland erinnert haben (nur mit besserem Wetter), noch viel mehr Affen und wenig Tempel.

Unser Highlight waren definitiv die Affen. Affen gehend, Affen stehend, essend, sich lausend, von einem Ast herabhängen lassend, Sonnenbrillen von Touristen klauend, Kokosnuss essend oder einfach nur einen Touristen anstarrend. Affen. Affen. Affen. Zwischendurch haben wir uns gefragt ob wir richtig sind oder aus versehen im Affenwald von Ubud gelandet sind – was ja für uns kein überraschender Move gewesen wäre – aber das scheint nicht der Fall gewesen zu sein.

Da es schon relativ spät war und wir keine Lust auf Verkehrschaos im Dunkeln hatten, haben wir uns entschieden den Strand von unserer To Do Liste zu streichen und zurück zum Airbnb zu fahren. Die naheliegende Vermutung war, dass wir noch den ein oder anderen hübschen Strand auf unserer Reise antreffen werden.

Back on the Road haben wir so ne halbe Stunde souverän gemeistert, als Bali sich überlegt hat uns ins nächste Roller-Level zu katapultieren: Es hat angefangen in Strömen zu regnen. Und wenn ich sage in Strömen, dann meine ich Tropensturm-like. Inklusive Blitz und Donner. Da hatten wir wenig Lust drauf und haben kurzerhand vor einem Schnellstraßeimbiss geparkt, in der Hoffnung dass das Unwetter schnell vorbeizieht. Der Imbiss hat sich in erster Linie durch seine Wellblech-Überdachung qualifiziert, konnte aber auch mit diversen nicht-identifizierbaren aber frittierten Lebewesen im Schaufenster aufwarten – und mit überaus freundlichen Besitzern. Die haben uns sogar Hocker nach draußen gebracht, damit wir uns setzen konnten! Wir haben dann auch festgestellt dass die Einheimischen durch die Bank weg gut vorbereitet sind, und sich innerhalb von Sekunden in neonfarben-gepunktete Regencapes geschmissen haben, während plötzlich kein einziges Weißbrot mehr auf der Straße war. Nach einer Dreiviertelstunde hat sich der Sturm dann von es-gießt-aus-einer-Badewanne zu es-gießt-aus-Eimern beruhigt, sodass wir uns wieder auf den Roller geschwungen haben, um nicht im Dunkeln nach Hause zu müssen.

Der schnellstmögliche Weg nach Hause hat uns wieder am Flughafen vorbei geführt, dessen Straßen proppevoll waren – wir waren uns nicht ganz sicher ob das der normale Verkehr war oder wir treffsicher in der Rush-Hour gelandet sind. Egal, immer rein ins Getümmel – die anderen fahren im Zweifel besser und können ausweichen. However, als wir dann in im Tripple Fun (= dreispurige Straße) etwa auf Höhe der Flugbahn waren – nicht zu vergessen umgeben von hunderten permanent hupenden Motorrädern, Rollern, Autos und – stieg der Wasserspiel durch den Regen auf angenehme 15cm an. Die Einheimischen hatten schon lange keine Schuhe mehr an, und wir haben uns einfach nur gefragt wie weit ein Roller so in Wasser tauchen kann, bevor er absäuft. Mit den Füßen im Wasser und im nicht enden wollenden stop-and-go Verkehr haben wir dann durch die Schuhe gefühlt dass wir gar nicht mehr auf normalem Straßenverkehr fahren, sondern auf Geröll. Offensichtlich hatten wir Straße gegen Baustelle getauscht….nicht dass das irgendjemanden um uns herum gestört hätte. Außerdem tauchte plötzlich gefühlte 150m über unseren Köpfen ein Flugzeug auf, dass gerade ein paar Meter neben uns gestartet hatte. Das i-Tüpfelchen in dieser völlig surrealen Situation am anderen Ende der Welt. Von Regenbächen erschlagen, durch Flüsse fahrend, durch überschwemmtes Geröll fahren, von einem Flugzeug quasi enthauptet zu werdend inmitten einer Kakophonie von Motor- und Hupgeräuschen – und jetzt ratet mal wie wir geschlossen reagiert haben. Wir haben uns kaputt gelacht. Und genau das ist der Grund, weshalb ich es liebe mit diesen großartigen Menschen zu reisen. Denn ganz im ernst – wäre jemand ausgerastet oder hätte unglaubliche Angst bekommen, hätte das die Situation einfach nur drastisch verschlimmert. Und so haben wir uns alle darüber gefreut, dass wir eine neue absurde Geschichte haben, die wir erzählen können. By the way, der ganze Spaß hat sich im Linksverkehr abgespielt. Nur um es noch ein bisschen spannender zu machen, wäre sonst ja auch langweilig gewesen.

Zuhause angekommen haben wir uns nicht ausgeruht, denn hoher Besuch war im Lande. Travelbuddies von Tanja waren zufällig auch in Indonesien und wir haben uns zum Abendessen getroffen. Es ist der Wahnsinn wie sehr die Welt zusammenschrumpft, wenn man reist. Während es in der Heimat manchmal zu viel ist eine Stunde nach Köln zu fahren, hüpft man hier von Land zu Land um sich wieder zu treffen. Völlig irre.

Aufgrund der spektakulären Ereignisse des Tages haben Eva und ich Tanja etwas alone-time mit ihren Buddies verschafft und sind schon mal zurück ins Airbnb gegangen, um ins Koma zu fallen. Gesagt, getan – nicht. Während wir gemütlich im Bett gelegen und gelesen haben, hörten wir nebenan eine halbe Stunde lang, wie jemand gegen eine Tür getreten und irgendwann eingetreten sowie eine Scheibe eingeschlagen hat. Dem Sound nach eine sehr große Scheibe…unserer Vermutung nach ein Einbruch. Genau das, was diesem Tag noch gefehlt hatte. Jippie ya yeah. Nach viel Durcheinander hat sich dann herausgestellt, dass es sich um unseren volltrunkenen Nachbar gehandelt hat, der offensichtlich keinen Haustürschlüssel dabei hatte und, statt auf der Türschwelle zu schlafen bis seine Freunde kommen, wie jeder normale andere Mensch, kurzerhand alles aus den Angeln getreten oder zerscheppert hat, was ihm in den Weg gekommen ist. Blöd für die Vermieterin, für uns ein wesentlich angenehmeres Gefühl als ein Einbruch. Wir haben uns auch gefragt, ob Airbnb in so einer Situation alles versichert hat, oder ob der Mensch das selbst bezahlen muss. Unsere Hausverwalterin hat uns am nächsten Tag erzählt, dass er es selbst zahlen muss. Es sei aber nicht so teuer. Na dann…vielleicht sollte man einfach eine Villa auf Bali bauen. Ein Schnapper!!

In diesem Sinne wünsche ich euch einen zauberhaften Tag. Wir sind schon ein paar Tage weiter, und ich kann euch versichern: Es wird noch abenteuerlicher.

So Long,

Lisbeth

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4 Replies to “Auf nach Indonesien!”

  1. ihr Schatzis, es ist wie immer eine Wonne von euch zu lesen und eure Abenteuer ein bisschen mit zu erleben.
    … aber was zum Teufel tun die Kerle in eurem Pool?! 😁😂
    liebe
    die Mutti 😍😗

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