Granada

Granada

Hallo zusammen,

Ich weiß, ihr habt lange nichts von mir gehört, aber ich habe ein paar gute Ausreden:

  • Meine Tastatur ist kaputt, bzw. der Großteil der Tasten funktioniert nicht mehr. Ohne m, b, g und c lässt es sich irgendwie nicht so gut schreiben. Ich habs versucht, ehrlich. Aber schon das eintippen von google.de oder netflix.de hat mich an den Rand des Wahnsinns getrieben…
  • Es ist viel passiert, ich habe Netflix wieder entdeckt und angefangen Harry Potter auf Spanisch zu lesen und damit Vokabeln zu lernen. Das hat meine Blog-Motivation etwas gemindert. Aber jetzt bin ich wieder voll on track.
  • Ich habe mir dann eine neue Tastatur gekauft. So eine flexible, die man einrollen kann. Ich dachte das wäre eine schlaue Idee, denn die könnte ich mit nach Hause nehmen. Für so eine dicke, normale externe Tastatur hab ich einfach keinen Platz im Backpack. Und Tatsache – ich habe sogar in Diriamba einen Laden gefunden, der diese flexiblen Tastaturen verkauft. Hauptsache ich habe eine Woche lang nach einem Buchhandel gesucht, den es hier nicht gibt, aber habe innerhalb von einer halben Stunde einen Laden gefunden, der einrollbare Tastaturen verkauft. Get your priorities straight, Diriamba…

Leider funktioniert das Schreiben auf der flexiblen Tastatur nicht wirklich gut, weshalb ich jetzt einfach an dem Laptop von der Organisation schreibe, für die ich arbeite, und dann alles per USB Stick auf meinen Laptop schiebe. Ihr seht, alles etwas aufwendig.

Aber genug von den Problemen der Technik: Heute möchte ich euch gerne von unserem Trip nach Granada erzählen. Den habe ich zusammen mit Alex (deutsch) und Ari (spanisch oder katalanisch, je nachdem wen man fragt. Wenn man sie fragt, katalanisch) gemacht. Wir sind ganz oldschool mit dem Microbus erst nach Jinotepe und dann weiter bis nach Granada gefahren. Microbusse sind diese Transporter, die in Nicaragua für kleines Geld von A nach B fahren. Mit etwa 13 Sitzen hinten und 2 Sitzen vorne (ex Fahrer), aber ganz im Nica Style fahren bis zu 25 Leute mit. Easy breezy.

In Granada angekommen haben wir uns dann auf den Weg zum Hostel De Boca En Boca gemacht – eine Empfehlung aus meinem Reiseführer. Dem einzigen deutschen Reiseführer den es für Nicaragua gibt, und ein sicherer Detektor für andere deutsche Reisende – wie ich im Hostel feststellen sollte. Unser Weg von der Busstation respektive Schotter-und-Sandplatz-in-irgendeinem-Hinterhof bis zum Hostel führte uns geradewegs durch den Markt von Granada. Oh. Mein. Gott. War da viel los. Wo man hingeschaut hat Menschen, Stände, hupende Motorradfahrer, quietschende Autos, vollgeladene Transporter, Mototaxis, Fahrräder, Marktschreier, und noch mehr Menschen und alle möglichen und unmöglichen Waren von Bananen über Sandalen hin zu Smartphones und Hühnerbeinchen. Eine neue Dimension von visueller und auditiver Überforderung hat dazu geführt dass wir sehr, sehr schnell zugesehen haben, dass wir aus diesem Epizentrum der schrillen Eindrücke wieder rauskommen.

Hat man die Marktstraßen von Granada hinter sich gelassen, findet man sehr schnell eine bunte Stadt im Kolonialstil, die – wie alle Städte in Nicaragua – schachbrettartig aufgebaut und damit leicht zu navigieren ist.

Unser Hostel befand sich neben der Kirche Iglesia La Merced. Die Kirche wurde das erste Mal 1534 im Barockstil gebaut und ist hauptsächlich deshalb berühmt, weil sie diverse Male von unterschiedlichen Piraten abgebrannt wurde. Das ist so ein bisschen Granadas Ding – von Piraten überfallen zu werden. Granada war die reiche Stadt am Nicaraguasee, durch seine Lage ein Knotenpunkt des Handels, aufgebaut unter den spanischen Eroberern. Und als die Freibeuter der Karibik irgendwann den Fluss San Juan entdeckt haben, mit dem man aus der Karibik bis in den Nicaraguasee segeln konnte…tja, da hatte Granada schlechte Karten. Aber nicht nur Granada hat unter Piraten gelitten, ganz Nicaragua hat eine eng mit Piraten verknüpfte Geschichte. Im 19. Jahrhundert erklärte sich zum Beispiel der US-amerikanische Freibeuter William Walker im Zuge des Bürgerkrieges in Nicaragua zum Präsidenten (ja, von Nicaragua…) und führte die Versklavung der indigenen Bevölkerung wieder ein. Mit den amerikanischen Südstaaten als Geldgeber hinter sich wurde William Walker sogar offiziell von den US Amerikanern als Oberhaupt Nicaraguas anerkannt. Die Amerikaner waren immer schon für die zweifelhafte Einmischung in die Politik fremder Länder zu haben. Etwas surreal, aber Karma sieht alles. Bei einem Raubzug gegen British Honduras wurde Walker von den Briten gefangen genommen, die sich nicht so einfach in die Suppe spucken ließen, und ihn kurzerhand von einem Erschießungskommando haben hinrichten lassen. In Hinrichtungen waren die Engländer eben immer schon gut.

Zurück zur Gegenwart, sprich zu unserem Hostel. Nach den ersten paar Schritten in den Innenhof war ich im Himmel. Freundliche Menschen, die Englisch und Spanisch sprechen, ein bunter Innenhof voller Wandmalereien, Hängematten und einer offenen Küche, eine kleine gemütliche Bar und bequeme Betten mit Ventilator. Versteht mich nicht falsch, Diriamba ist ein schönes Dorf, aber dort gibt es einfach keine Touristen. Das bedeutet dass man auf der Straße oft Sprüche gedrückt bekommt, abends nicht spät alleine raus geht und immer irgendwie schief angeguckt wird. In meinem Fall dann auch noch bei einer Familie wohnt, in deren Heim man sich permanent ducken muss, weil alles so niedrig ist. Ihr könnt euch also vorstellen, dass dieser große, offene Bereich mit den ganzen internationalen Menschen mich spontan sehr fröhlich gemacht hat.

Da Alex noch unter den Nachwirkungen von Montezumas Rache gelitten hat – ein kleines Souvenir von unserem letzten Trip – sind Ari und ich alleine los um Granada zu erkunden.

Als erstes haben wir das Schokoladenmuseum besucht – wobei Museum etwas übertrieben ist. Eigentlich ist es vielmehr ein Geschäft mit einem kleinen Café und einigen Plakaten, auf denen etwas zur Schokoladenherstellung steht.

Kaum haben wir den Laden betreten, wurden wir von einem begeisterten Mitarbeiter angesprochen, dass wir uns unbedingt durch das Sortiment probieren müssten. Naja. Wenn es ihn glücklich macht, dann opfern wir uns natürlich. Als erstes haben wir uns durch verschieden starke Sorten Schokolade probiert: Mit Milch, 50% Schoko und 70% Schoko. Die mit 70% ging gar nicht, der Rest war ok. Dann sind wir zum spannenden Teil gekommen: Alkohol mit Schokolade. Während man Schokolikör ja durchaus kennt, gab es hier trotzdem ein paar Überraschungen. Wie zum Beispiel Rum mit Schokolade – zugegebenermaßen nicht ganz mein Geschmack. Nach der ausgiebigen Verkostung haben wir uns dann noch etwas im Café und dem dazugehörigen Innenhof umgeschaut, wobei schnell klar wurde dass Granada eine Stadt der Kunst ist. Überall hängen wunderschöne Bilder, sind Fotografien ausgestellt, verkauft man Schmuck oder Taschen aus recyceltem Material, und und und. Während wir das alles genossen haben, konnten wir im Eingang des Schokogeschäftes hören wie ein motivierter Mitarbeiter eine Gruppe von Touristen durch lautstarke Gesänge und Tänze beim Schokoladenmahlen anfeuerte. Ari und ich waren beide froh, bei unserer Einführung an einen etwas ruhigeren Gesellen geraten zu sein. No offense.

Nächster Stop: Casa de tres mundos. Laut Reiseführer eine Art Gemeinschaftszentrum für Kunst. Nachdem wir 20 Cordoba Eintritt bezahlt hatten standen wir in einem Innenhof, dessen Boden aus Steinen in verschiedenen Grautönen bestand.

Der Mensch an der Kasse hat uns erzählt dass es sich dabei um ein Portrait handele und wir am besten in den ersten Stock gehen sollten, um es richtig sehen zu können. Gesagt, getan, gesehen – wahnsinnig coole Idee!

Ansonsten gab es in dem Zentrum nicht so viel zu sehen, denn es geht wirklich mehr darum einen Raum zu schaffen, in dem Kunst gelehrt und gelernt werden kann. Wir haben Kinder gesehen, die an Instrumenten geübt haben, und eine Gruppe von Malern vor ein paar Gemälden, die unter Aufsicht eines graubärtigen Mannes mit Brille versucht haben die Gemälde abzumalen. Am Ende des Gebäudes befand sich dann noch eine Galerie voller schöner Werke, in der uns dann auch das dominante Thema der Kunst in Granada klar wurde: Die Natur. In fast jedem Bild ging es um den Wald, Tiere oder Landschaften. Alles sehr, sehr hübsch. Aber auch alles sehr, sehr groß – leider zu groß um es in einem Backpack mit nach Hause zu nehmen.

Der letzte Stopp der vorläufigen Stadterkundung war dann der Plaza Central mit seiner hübschen, im Kolonialstil erbauten Kathedrale und ein paar Marktständen… An denen Ari und ich ein klein bisschen ausgerastet sind. Shorts, Maracas und Beutel – alles was das Backpackerherz begehrt.

Der Tag in Granada war unglaublich schön, nicht nur wegen des Wetters und den Dingen die wir uns angesehen haben, sondern auch von der grundsätzlichen Atmosphäre her. Es klingt etwas traurig, aber die Tatsache dass man unbehelligt in Shorts durch eine Stadt laufen kann, hat durchaus etwas Befreiendes an sich!

Nach einem unspektakulären Abendessen in einem durchschnittlichen arabischen Restaurant (nicht mal annähernd so gut wie L’Orient. Natürlich!), ging es dann ab ins Bett. Schließlich stand am nächsten Tag der Höhepunkt der Granadareise an: Besuch der Isletas de Granada.

Der Trip fing super an: Wir sind von einem Fahrer am Hostel abgeholt worden und durften die spanische Version von Total Eclipse of the Heart im Radio genießen, während wir zum Hafen gefahren wurden. Versteht mich nicht falsch, das Lied ist wirklich schön. Aber auch sehr schnulzig. Und das Ganze auf Spanisch gesungen macht es noch tausendfach schnulziger. Ihr denkt das geht nicht? Sucht es bei Youtube. Ich schwöre, dagegen sind Filme mit Hugh Grant unemotionale Dokumentationen.

Die Isletas de Granada werden von ca. 2000 Personen bewohnt und bestehen aus über 300 kleinen Inseln, die beim Ausbruch des Vulkans Mombacho entstanden. Keine Sorge, das ist schon ein paar tausend Jahre her, alles völlig ungefährlich mittlerweile. Man kann die Inseln entweder per Kajak oder per Motorboot erkunden. Das sind auch die Fortbewegungsmittel der Einheimischen, eine andere Form des Transportes gibt es nicht. Da Alex noch etwas angeschlagen war, haben wir uns für das Motorboot entschieden – im Nachhinein eine sehr gute Entscheidung, da es doch eine ziemlich Strecke ist, die man im Kajak hätte zurücklegen müssen. Das Glück war uns außerdem sehr gewogen, denn wir waren die einzigen drei Passagiere auf dem Motorboot. Unser Guide hat uns dann durch die Inseln geschippert, und hier und da eine kleine Anekdote zu den besonders reichen Besitzern oder den verschiedenen Vogelarten erzählt.

Es war natürlich super spannend das alles zu lernen, aber ich habe es auch sehr genossen einfach durch die Gegend zu schippern und die Aussicht zu genießen. Der riesengroße See, an dessen weit entfernten Ufern man die Kolonialbauten Granadas erkennen konnte, die wunderschönen und sehr grünen Inseln mit so vielen unterschiedlichen Pflanzen, und das alles vor der Kulisse des Vulkans. Wahnsinnig schön. In der Theorie könnte man so eine kleine Insel auch mieten: Eine Insel mit Haus für zehn Personen kostet ca. 350$ von Freitag bis Sonntag. Das wäre doch mal eine nette Location für eine Geburtstagsparty / Hochzeit / Silvesterparty.

Nachdem wir ein paar der Inseln umrundet hatten, haben wir ein Rudel Brüllaffen gefüttert. Das war zwar schon ziemlich cool, aber mein absolutes Highlight waren die Klammeraffen. Die sind so nah an die Mauer zu unserem Schiff geklettert, dass wir sie mit Bananen füttern konnten und die waren sooooooooooo süß. In eurem Kopf müsst ihr euch jetzt vorstellen, wie das drei verzückte Mädchen in zwei verschiedenen Sprachen quietschen. Und die Affen sind trotzdem bei uns geblieben!!! Es gab ja schließlich Bananen.

Außerdem haben wir winzig kleine Fledermäuse gesehen. Die waren etwa 7cm klein und vor der Rinde eines knorrigen Baumes so gut getarnt, dass wir sie erst aus einem halben Meter Entfernung erkennen konnten. Daraufhin hat uns der Guide von einer anderen Fledermausart erzählt, die es in Nicaragua gibt, und die viel größer ist. Und Fleischhappen aus Pferden und Kühen heraus isst. Baaaaah.

Im Granadasee gibt es auch sehr viele Fische. Als der Guide ein paar Brocken Keks ins Wasser warf, kamen direkt zwei dutzend kleine Sardelle angeschwommen. Auch niedlich, zumindest soweit Fische das denn sein können. Weniger niedlich war dann die Geschichte der Tarpune, die auch im Nicaraguasee leben. Ich hatte keine Ahnung was das für ein Fisch war, aber der Guide hat uns eine kleine Skulptur in Lebensgröße auf einer der Inseln gezeigt, und für mich war schnell klar, dass ich auf ein meet-and-greet dankend verzichte.

Das Leben auf den Inseln ist aufgrund fehlender öffentlicher (oder schneller) Verkehrsmittel etwas umständlich, aber ich denke dass die Atmosphäre das durchaus wettmacht. Außerdem gibt es die essentiellen Dinge auch im unmittelbaren Umkreis (= auf einer Insel), wie zum Beispiel den Friedhof oder eine Bar. Das Essen angeln sich die meisten Einheimischen selbst – zum Eigenverzehr oder zum Verkauf auf dem Markt. Und damit der Fisch auch schön frisch bleibt, haben die Schlaufüchse kleine Netz-Zellen im Wasser, in denen sie die lebendig gefangenen Fische aufbewahren. Getötet werden die Fische dann erst kurz bevor es zum Markt geht, sodass der Fisch immer frisch bleibt. Vielleicht sollte das mal jemand Verleihnix erzählen! So wie im Rest von Nicaragua spielt auch auf den Inseln Religion eine große Rolle So wird zum Beispiel die Semana Santa (Karwoche) auch hier zelebriert. Während auf dem Festland die Prozessionen durch die Strassen der Städte ziehen, fahren hier die kleinen Kanus und Boote hintereinander in einer Prozession durch die Isletas bis zur Kirche.

Tja, und das waren auch schon die Highlights unseres Granada-Trips! Nach den Isletas sind wir nur noch auf den Kirchturm gestiegen, haben ein bisschen die schöne Aussicht genossen, und uns dann auf in Richtung Heimat gemacht.

 

Bis zum nächsten Mal!

Love,

Lisbeth

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